Transformationen
Müßte ich mein künstlerisches Schaffen in wenigen Begriffen zusammenfassen, würde ich sie benennen als:
Transformation – Prozess – Zeit
Die Erde befindet sich in einem dauerhaften Prozess der Transformation durch uns Menschen und ohne uns.
In den Licht-Radierungen des Zyklus „In the Woods“ kommt diese Transformation zum Ausdruck. Über automobile Hinterlassenschaften wächst mit der Zeit ein ganzer Wald, bis nur noch Fragmente der Wracks im Dickicht zu erkennen sind (Werk #920). Faszinierend wie Bäume aus den Automobilen heraus- und über sie hinweg gewachsen sind, als könne ihnen nichts den Weg zum Licht versperren. Wälder am lichtdurchfluteten Ufer der Ostsee sind auch das Thema der Serie „Küstenwald“, geht es auch in diesen Werken um Transformationsprozesse an Bruchlinien, wenn das Meer in endloser Beständigkeit das Ufer umwandelt. Das Ausgangsmotiv bei den Licht-Radierungen ist immer eine sorgfältig aufgenommene und ausgewählte Fotografie, die ich dann über den Druckprozess in eine Druckgrafik transformiere.
Bäume bilden die Grundlage meiner Skulpturen. Es sind Fundstücke an den Ufern der Elbe bei Hamburg. Entdecke ich ein interessantes Fragment bei Ebbe im Schlick, wird es mühsam und vorsichtig geborgen. Nach einer langen Trocknungsphase beginne ich mit der Bearbeitung und Veredelung sowie der Anfertigung eines Sockels aus Stahl. Am Anfang sind es meist dunkle, nasse Fragmente, die sich kaum von den Schlackesteinen am Ufer unterscheiden und nur erahnen lassen, welche interessanten Formen und welches edle Holz sich im Inneren verbirgt.
Oft sind es Bruchstücke von Pfählen, Dalben, Pollern oder Buhnen, die über Jahre, Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte vom Gezeitenstrom geformt und manchmal – eher selten – in die Nähe des Ufers gespült werden. Die Fundstücke sind stark durchfeuchtet und im Winter auch mal vereist.
Die Eichen- und Nadelholzstämme, die seit Jahrhunderten für die Schifffahrt in die Sedimente der Elbe gerammt wurden, sind durch den Mangel an Sauerstoff im Brackwasser sehr gut konserviert und können mehrere hundert Jahre halten, solange sie keine Luft bekommen. Im Kern ist die Qualität der Hölzer hervorragend und diese gilt es, freizulegen und zu veredeln. Das Ertasten der Formen bildet – neben der Skulptur im Raum – die 4. Dimension. Die Wahrnehmung des Kunstobjektes soll nicht allein auf die Betrachtung aus unterschiedlichen Perspektiven begrenzt sein, sondern auch das Ertasten der fein geschliffenen Oberflächen und Formen und der rauhen Spalten ist Teil des Kunsterlebnisses.
Die Skulpturen wurden über lange Zeiträume durch den Gezeitenstrom von Ebbe und Flut und dem feinkörnigen Sediment der Elbe geformt und rundgewaschen. Dabei wirken die vielen Elbvertiefungen über die Jahrzehnte wie ein Katalysator, da dadurch Tidenhub und Gezeitenstrom ständig zugenommen haben. Interessant ist hier auch die rückwärtslaufende Transformation:
Aus einem Baum wurde vor langer Zeit ein Balken, ein Pfahl, eine Planke gesägt und als Baumaterial im Elbwasser verbaut. Dort begann dann über einen sehr langen Zeitraum durch Strömung und Sedimente die Umwandlung zu einer Form, die nur selten noch Rückschlüße zu dem anfänglich zugewiesenen Nutzen des Baumes zu läßt.